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Der Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen e.V. (DSM) kritisiert die Verabschiedung des neuen Polizeigesetzes in Sachsen und befürchtet die Begünstigung von ‚Racial Profiling’ durch erweiterte polizeiliche Befugnisse.

Am 10.04.2019 hat der Sächsische Landtag das neue Polizeigesetz verabschiedet. Es ist die erste umfassende Neuerung des Polizeigesetzes in Sachsen seit 20 Jahren und hat aufgrund der ausgeweiteten polizeilichen Befugnisse im Vorfeld der Abstimmung für heftige Diskussionen gesorgt. Der DSM anerkennt die Notwendigkeit, ein neues, den veränderten Zeiten angepasstes Polizeigesetz auszuarbeiten. Die im nun verabschiedeten Gesetz verankerten Maßnahmen kritisiert er aber als unvereinbar mit den Prinzipien des Rechtsstaates und befürchtet eine Zunahme von ‚Racial Profiling.’

Mit dem neuen Polizeigesetz werden Polizisten künftig schon „im Vorfeld einer konkreten Gefahr“ eingreifen dürfen. Eine „abstrakte Gefahr“ reicht, um Menschen zu überwachen und präventive Kontakt- und Aufenthaltsverbote auszusprechen. Nach Zustimmung eines Richters oder einer Richterin darf die Polizei auch ohne Verdacht auf eine konkrete Straftat Telefongespräche abhören und Kurznachrichten einer verdächtigten Person mitlesen.

Emiliano Chaimite, Vorsitzender des DSM, kritisiert diese Befugnisse als Verletzung der Rechtssicherheit. „Das grundlegende Prinzip eines Rechtsstaates ist, dass man als Mitglied der Gesellschaft weiß, wodurch man sich strafbar macht“, so Chaimite. Dieses Prinzip werde allerdings durch unklare und interpretationsoffene Formulierungen verletzt. Gerade im Zusammenhang mit rassistischen Übergriffen in Sachsen betrachtet er die erweiterten Überwachungsrechte als problematisch: „Die im neuen Polizeigesetz verankerten Maßnahmen, wie beispielsweise das Eingreifen ohne konkreten Verdachtsmoment, begünstigen ‚Racial Profiling’“, meint Chaimite.

Als ‚Racial Profiling’ wird das rechtswidrig nach diskriminierenden Kriterien erfolgende Agieren von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten bezeichnet, nach dem Personen anhand äußerlicher Merkmale kontrolliert werden. Oft ist dieses Agieren das Resultat einer Situation, in welcher sich Polizist*innen auf ihre Intuition und ihre Erfahrungen verlassen müssen. Da diese Erfahrungen jedoch vielfach geprägt sind von Zuschreibungen, Einstellungen und kulturell geprägten Stereotypen, führt die überproportionale Kontrolle bestimmter Personengruppen zu überproportional vielen Treffern aus dieser Gruppe – was wiederum die überproportionale Kontrolle bestimmter Personengruppen bewirkt.

Racial Profiling verstösst gegen das Diskriminierungsverbot. Ohne konkretes Verdachtsmoment sind polizeiliche Maßnahmen auf Grundlage äußerer Zuschreibungen und ohne objektiven Grund menschenrechtswidrig. Die demütigende Erfahrung, grundlos in der Öffentlichkeit von der Polizei kontrolliert zu werden, kann zu Stigmatisierung und Ausgrenzung ganzer Communities führen und untergräbt gesamtgesellschaftliche Integrationsbemühungen.

 

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